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Die Vorteile von KI im Bauwesen

Etwa 7 Prozent aller Personen, die weltweit einer Erwerbstätigkeit nachgehen, sind in der Bauindustrie beschäftigt – damit leistet diese Branche einen wichtigen Beitrag zur gesamten globalen Wirtschaftskraft. Einzelpersonen und Unternehmen geben jedes Jahr 10 Billionen US-Dollar für Bauprojekte aus (McKinsey, 2017). In vielen anderen Branchen kommen inzwischen KI und andere Technologien zum Einsatz, um die Produktivität zu steigern, während die Baubranche in dieser Hinsicht weiterhin hinterherzuhinken scheint. 
 
Die globale Bauindustrie ist in den letzten Jahrzehnten nur um 1 Prozent pro Jahr gewachsen. Vergleicht man diese Zahl mit den Wachstumsraten anderer Branchen – z. B. 3,6 % in der Fertigungsindustrie – oder dem weltweiten Wirtschaftswachstum von 2,8 % wird deutlich, dass es in der Baubranche noch Potenzial nach oben gibt. Die Produktivität bzw. die gesamtwirtschaftliche Leistung pro Arbeitnehmer im Bauwesen stagniert bereits seit geraumer Zeit. Im Vergleich dazu ist die Produktivität seit 1945 im Einzelhandel, in der Fertigung und in der Landwirtschaft um 1.500 Prozent angestiegen. Einer der Gründe: Das Bauwesen ist eine der Branchen mit der niedrigsten Digitalisierungsrate weltweit; neue Technologien werden hier nur langsam eingeführt (McKinsey, 2017). 
 
Für die Mitarbeiter in einem Unternehmen können solche neuen Technologien eine enorme Herausforderung sein. Doch maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz sorgen dafür, dass auf Baustellen effizienter gearbeitet wird – und sparen zudem Geld. KI-Lösungen, die in anderen Branchen schon lange erfolgreich eingesetzt werden, halten mittlerweile auch immer häufiger in der Bauindustrie Einzug.
 
 

Was sind künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen?

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Sammelbegriff, der beschreibt, dass eine Maschine menschliche kognitive Aufgaben (wie Problemlösung, Erkennung von Mustern und Lernen) imitiert. Maschinelles Lernen ist eine Untergruppe der künstlichen Intelligenz. Es ist von Maschinellem Lernen die Rede, wenn man einen bestimmten Bereich der KI beschreibt, in dem statistische Methoden verwendet werden, damit Computersysteme aus Daten „lernen“ können, ohne dass sie extra programmiert werden müssen. Je mehr Daten eine Maschine zur Verfügung hat, desto besser kann sie Dinge verstehen und entsprechende Ergebnisse liefern. 
 
McKinsey geht davon aus, dass die KI in der Baubranche in der nahen Zukunft nur mäßigen Zuwachs erzielen wird (McKinsey, 2018). Ein Wandel steht trotzdem bevor. Entscheidungsträger aus der Baubranche können es sich nicht mehr leisten, die KI als Trend zu betrachten, der nur für andere Branchen relevant ist. Die Baubranche muss in Hinblick auf KI-Methoden und Anwendungen aufholen. Nur so kann sie es schaffen, mit zukünftigen Konkurrenten auf dem Markt Schritt zu halten und weiterhin relevant zu bleiben.
 
 

KI und maschinelles Lernen für intelligentes Bauen

Die potenziellen Einsatzmöglichkeiten für maschinelles Lernen und KI in der Baubranche sind enorm breitgefächert. Informationsanfragen, ungelöste Probleme und Änderungswünsche gehören in der Baubranche zur Tagesordnung. Maschinelles Lernen übernimmt die Rolle eines intelligenten Assistenten, der diese Datenflut effizient und schnell untersuchen kann. Anschließend informiert das System die Projektmanager über alle wichtigen Punkte, die genauer betrachtet werden sollten. Mehrere Anwendungen verwenden KI bereits in dieser Form. Die Vorteile reichen von einfacher Spam-Filterung im E-Mail-Postfach bis hin zu fortschrittlicher Sicherheitsüberwachung.
 
 
Werfen Sie einen Blick in den kostenlosen Leitfaden Sein oder Nichtsein: Warum technische Trends in der Bauindustrie übernommen werden sollten, um zu erfahren, wie hochmoderne Technologien Bauunternehmen dabei helfen können, mit der fortschreitenden Entwicklung mitzuhalten.
 
 
 


10 Beispiele für KI im Bauwesen

 
1. Mehrkosten vermeiden
Bei den meisten Megaprojekten wird das Budget irgendwann überschritten, und das obwohl die besten Projektteams dafür engagiert werden. Deshalb werden in solchen Großprojekten künstliche neuronale Netze eingesetzt, um Kostenüberschreitungen auf Grundlage verschiedener Daten wie Projektgröße, Art des Vertrags und Kompetenzniveau der Projektmanager vorhersagen zu können.
 
Prognosemodelle verwenden historische Informationen wie geplante Start- und Enddaten, um realistische Zeitvorgaben für zukünftige Projekte zu erstellen. KI unterstützt Teams ebenfalls dabei, auch von außerhalb auf Schulungsmaterialien zuzugreifen, wodurch eine schnelle Abfrage neuer Informationen und die Erweiterung von Know-how und Kenntnissen möglich sind. Damit reduziert sich die Zeit für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter in Projekte, wodurch die Projektrealisierungszeit beschleunigt wird. 
 
 
2. KI für bessere Gebäudeentwürfe durch generative Gestaltung
Building Information Modeling (BIM) ist ein auf 3D-Modellen basierender Prozess, der Experten aus Architektur sowie dem Konstruktions- und Bauwesen Einblick gibt, wie Gebäude und Infrastrukturen effizienter geplant, entworfen, gebaut und verwaltet werden können. Damit der Bau eines Gebäudes geplant und entsprechende Entwürfe erstellt werden können, müssen die 3D-Modelle die Architektur-, Technik- und MEP-Pläne sowie die Reihenfolge der Arbeiten der entsprechenden Teams berücksichtigen.
 
Die Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass die unterschiedlichen Modelle der jeweiligen Teams nicht miteinander kollidieren. Die Branche versucht, maschinelles Lernen in Form von generativer Gestaltung einzusetzen, um solche Konflikte zwischen den Arbeiten der einzelnen Teams in der Planungs- und Entwurfsphase zu erkennen und zu beseitigen, damit Nacharbeiten und Nachbesserungen vermieden werden.
 
Es gibt Software, die Algorithmen für maschinelles Lernen verwendet, um alle Varianten einer Lösung zu analysieren und alternative Entwürfe zu erstellen. Diese Software nutzt maschinelles Lernen speziell dafür, um 3D-Modelle von MEP-Systemen anzufertigen. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass die komplett verlegten MEP-Systeme nicht mit der Gebäudearchitektur kollidieren, wobei die Software aus jeder Anwendung dazulernt, um am Ende eine optimale Lösung zu finden. 
 
 
3. Risikominimierung
Jedes Bauprojekt birgt Risiken, die sich in ganz unterschiedlichen Formen zeigen, z. B. Risiken in Bezug auf Qualität, Sicherheit, Zeit oder Kosten. Je größer und umfangreicher ein Projekt, desto höher ist auch das Risiko, weil in solch einem Fall meistens mehrere Subunternehmer aus verschiedenen Bereichen parallel auf einer Baustelle arbeiten. Es gibt bereits Lösungen, die auf KI und maschinellem Lernen basieren und die von Generalunternehmern verwendet werden, um Risiken auf der Baustelle zu überwachen und zu priorisieren.
 
So kann das verantwortliche Projektteam seine knapp bemessene Zeit und begrenzten Ressourcen dafür nutzen, um sich auf die größten Risikofaktoren zu konzentrieren. KI wird außerdem eingesetzt, um Problemen automatisch eine Prioritätsstufe zuzuweisen. Subunternehmer werden anhand eines Risiko-Scores bewertet. Auf diese Weise können Bauleiter eng mit Teams zusammenarbeiten, die eine kritische Risikobewertung haben, um das Risiko zu senken. 
 
 
4. Projektplanung
Im Jahr 2018 erregte ein KI-Start-up besonders viel Aufsehen in der Baubranche. Das Versprechen des neu gegründeten Unternehmens: Seine Roboter und künstliche Intelligenz würden Verzögerungen und Budgetüberschreitungen bei Bauprojekten ein Ende bereiten. Das Unternehmen setzt Roboter ein, die selbständig 3D-Scans von Baustellen erstellen. Diese Daten werden anschließend in ein künstliches neuronales Netz eingespeist, das berechnet, wie weit verschiedene Teilprojekte fortgeschritten sind. Falls Abweichungen auftreten, kann das leitende Team einschreiten, um kleine Probleme zu beheben, bevor daraus große Schwierigkeiten entstehen.
 
Die Algorithmen der Zukunft setzen auf eine KI-Methode, die als „Reinforcement Learning“ oder „Verstärkendes Lernen“ bezeichnet wird. Mit dieser Methode können Algorithmen nach dem Trial-and-Error-Prinzip lernen. So lassen sich unendliche Kombinationen und Alternativen anhand von anderen Projekten prüfen. Diese Methode unterstützt die Projektplanung, da dadurch die beste Strategie immer weiter optimiert werden kann und das System während eines Projekts selbstständig Kurskorrekturen vornimmt. 
 
 
5. KI steigert die Produktivität auf Baustellen 
Es gibt inzwischen Firmen, die selbstfahrende Baumaschinen einsetzen, um sich wiederholende Aufgaben effizienter durchzuführen als ihre menschlichen Kollegen, z. B. das Gießen von Beton, Maurerarbeiten, Schweißen und Abrissarbeiten. Aushub- und Vorbereitungsarbeiten werden von autonomen und teilautonomen Planierraupen übernommen, die eine Baustelle mithilfe eines menschlichen Programmierers nach genauen Vorgaben vorbereiten können. Damit werden die Arbeiter entlastet und haben mehr Zeit für die eigentlichen Bauarbeiten. Außerdem reduziert sich die Zeit, die insgesamt für den Abschluss eines Projekts benötigt wird. Projektmanager können den Fortschritt auf einer Baustelle auch in Echtzeit nachverfolgen. Sie setzen Gesichtserkennung, Kameras und ähnliche Technologien ein, um die Produktivität der Arbeiter zu messen und die Einhaltung bestimmter Verfahren zu überprüfen. 
 
 
6. KI für mehr Sicherheit auf der Baustelle
Bauarbeiter kommen fünf Mal häufiger während der Arbeitszeit ums Leben als andere Arbeitnehmer. Laut der OSHA, der Arbeitsschutzbehörde in den USA, sind die führenden Ursachen für Todesfälle (ausgenommen sind Kollisionen auf der Autobahn) im privaten Sektor der Baubranche auf Stürze zurückzuführen, gefolgt von Unfällen, bei denen Arbeiter von einem Objekt getroffen werden, Stromschlägen und Vorfällen, bei denen Arbeiter eingeklemmt oder verschüttet werden.
 
Ein in Boston ansässiger Generalunternehmer mit einem Jahresumsatz von 3 Milliarden US-Dollar arbeitet gerade an der Entwicklung eines Algorithmus, der Fotos von Baustellen analysiert, diese auf Sicherheitsrisiken scannt (z. B. Arbeiter, die keine Schutzausrüstung tragen) und die Bilder mit seinen Unfall-Datensätzen abgleicht. Laut dem Unternehmen lassen sich so potenzielle Risikoratings für Projekte berechnen und es können Sicherheitsunterweisungen abgehalten werden, sobald ein erhöhtes Risiko auftritt. 
 
 
7. KI erkennt Engpässe bei Arbeitskräften
Der Arbeitskräftemangel und der Wunsch, die niedrige Produktivität der Branche anzukurbeln, führen dazu, dass Bauunternehmen vermehrt in KI und Datenwissenschaft investieren. In einem im Jahr 2017 von McKinsey veröffentlichten Bericht heißt es, dass Bauunternehmen ihre Produktivität durch die Echtzeit-Analyse von Daten um bis zu 50 Prozent steigern könnten.
 
Bauunternehmen setzen KI und maschinelles Lernen bereits ein, um die Verteilung von Arbeitskräften und Maschinen besser zu planen. Ein Roboter bewertet kontinuierlich den Fortschritt eines Auftrags. Anhand des Standorts von Arbeitern und Geräten können Projektmanager sofort sehen, auf welchen Baustellen sich genügend Arbeitskräfte und Geräte befinden, um ein Projekt termingerecht abzuschließen. Außerdem sehen sie, wo es an Ressourcen mangelt und eine Projektverzögerung droht. Experten erwarten, dass Bau-Roboter in Bezug auf KI-Methoden in Zukunft intelligenter und autonomer werden. 
 
 
8. Off-Site-Konstruktion
Bauunternehmen setzen zunehmend auf Off-Site-Fabriken, in denen autonome Roboter Teile eines Gebäudes bereits zusammenbauen. Der finale Aufbau auf der Baustelle erfolgt dann durch die menschlichen Arbeitskräfte vor Ort. Strukturen wie Wände können im Fließbandstil von autonomen Maschinen effizienter als von ihren menschlichen Kollegen fertiggestellt werden. Nachdem das Grundgerüst zusammengebaut wurde, können sich menschliche Arbeitskräfte Detailarbeiten wie der Verlegung von Sanitär- , HLK- und Elektroanlagen widmen.
 
 
9. KI und Big Data im Bauwesen
In einem Zeitalter, in dem jeden Tag massive Datenmengen generiert werden, haben KI-Systeme Zugriff auf unendlich viele Daten, von denen sie lernen und auf deren Basis sie sich Tag für Tag immer weiter optimieren können.  Jede Baustelle ist für KI eine potenzielle Datenquelle. Daten aus Bildern von Mobilgeräten, Drohnenvideos, Sicherheitssensoren, Building Information Modeling (BIM) und anderen Systemen sind eine unerschöpfliche Informationsquelle. Experten und Kunden aus der Baubranche haben so die Chance, die gewonnenen Erkenntnisse aus diesen Daten mithilfe von KI und Systemen für maschinelles Lernen zu analysieren und entsprechend für sich zu nutzen.
 
 
10. KI nach dem Bauabschluss
Bauleiter können KI noch lange Zeit, nachdem ein Gebäude fertiggestellt wurde, nutzen. Building Information Modeling (auch BIM) speichert Informationen über die Struktur des Gebäudes. KI kann eingesetzt werden, um auftretende Probleme zu erkennen und zu überwachen, und lässt sich sogar verwenden, um Probleme zu vermeiden.
 
 


Die Zukunft der KI im Bauwesen

Robotik, KI und das Internet der Dinge können Baukosten um bis zu 20 Prozent senken. Bauingenieure können VR-Brillen verwenden und Miniroboter in Gebäude schicken, die sich gerade im Bau befinden. Diese Roboter verwenden Kameras, um den Fortschritt der Arbeiten zu überwachen. KI wird eingesetzt, um die Verlegung von Elektro- und Sanitäranlagen in modernen Gebäuden zu planen. Unternehmen nutzen KI, um Sicherheitssysteme für Baustellen zu implementieren. KI wird außerdem verwendet, um die Interaktion zwischen Arbeitern, Maschinen und Objekten auf der Baustelle zu tracken, wobei Verantwortliche über potenzielle Sicherheitsrisiken, Baufehler und Produktivitätsprobleme benachrichtigt werden.
 
Auch wenn Prognosen zufolge Jobs abgebaut werden, ist es unwahrscheinlich, dass KI die menschliche Arbeitskraft ersetzt. Stattdessen wird es zu einer Veränderung der Geschäftsmodelle in der Baubranche kommen, teure Fehler werden reduziert, die Zahl der Verletzten auf Baustellen wird sinken und die Abläufe von Bauprojekten werden effizienter.
 
Leitende Personen in Bauunternehmen sollten vor allem in den Bereichen investieren, in denen KI voraussichtlich den größten Einfluss auf die individuellen Anforderungen des jeweiligen Unternehmens haben wird. Unternehmen, die frühzeitig aktiv werden und ihre Strategien an die technologische Entwicklung anpassen, werden in Zukunft die Richtung der Branche vorgeben und sowohl kurzfristig als auch auf lange Sicht profitieren.
 
 

Über den Autor

Sumana Rao ist VP für Content Services bei Trade Service (einer Abteilung von Trimble). Sie ist seit mehr als 15 Jahren für verschiedene Hersteller und Lieferanten im industriellen und MEP-Sektor tätig. Sumana arbeitet mit Herstellern und Lieferanten zusammen an der Entwicklung von Content-Strategien. Diese sollen die gesamte digitale Strategie unterstützen, um Marktanteile hinzuzugewinnen und die Kundenbindung zu stärken. Sie hilft Herstellern auch dabei, neue Produkte einzuführen und bei Lieferanten und Dienstleistern in der Branche bekanntzumachen.

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