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ISO 9001-Zertifizierung für BIM-Projekte

Die koordinierte Nutzung digitaler Gebäudemodelle im Rahmen von Building Information Modeling (BIM)-Projekten wird die Arbeitsabläufe in der Bauindustrie in den kommenden Jahren nachhaltig verändern. ISO 9001-zertifizierte BIM-Planungs- und Realisierungsprozesse garantieren dem Bauherren hohe Qualitätssicherheit und bieten projektbeteiligten Architekten, Statikern und TGA-Anbietern vielfältige Optionen der Zeit- und Kostenreduktion. 

Neue, innovative Verfahren zu entwickeln, um die komplette Planung, Bauausführung und spätere Bewirtschaftung von Gebäuden auf Basis umfassender BIM-Lösungen zu realisieren, erfordert Pioniergeist und Engagement. Eine Herausforderung, der sich immer mehr an Bauprojekten beteiligte Planer und Verarbeiter stellen. Nach einer 2019 durchgeführten Marktstudie des Düsseldorfer Marktforschungsinstituts BauInfoConsult unter 302 befragten Unternehmen, arbeiten inzwischen 28 Prozent mit BIM-Modellen. Der Anteil der BIM-Projekte am gesamten Projektvolumen liegt demnach aktuell bei etwa 10 Prozent ‒ Tendenz deutlich steigend. Bereits 2014 vom Europäischen Parlament beschlossene Änderungen des Vergaberechts für öffentliche Bauaufträge fordern den verstärkten Einsatz von BIM-Lösungen. Die deutsche Bundesregierung hat es sich beispielsweise zum Ziel gesetzt, BIM ab Ende des Jahres 2020 bei allen neuen öffentlichen Projekten, die in Deutschland ausgeschrieben werden, einzusetzen. Auch im Bereich der Gewerbeimmobilien werden BIM-Lösungen im Hinblick auf ein später vereinfachtes Facility Management von den Bauträgern verstärkt eingefordert.

 

Wandel ist unerlässlich

"Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen der Bau- und Immobilienwirtschaft hängt zukünftig von der Fähigkeit ab, Aufträge BIM-konform abzuwickeln", stellt Martin Vanek, BIM Advisor DACH bei Trimble MEP, fest. Grundlage für eine erfolgreiche BIM-Implementierung sind klar definierte Prozessschritte und Kommunikationsschnittstellen. Komplexe softwarebasierte Entwurfs- und Berechnungsmodelle müssen miteinander koordiniert und jahrzehntelang praktizierte Arbeitsprozesse digitalisiert und teilweise völlig neu konzipiert werden. "Bei BIM geht es um viel mehr als nur um Technologie. Es geht in erster Linie um Menschen und Prozesse. Ohne einen fundiert ausgearbeiteten BIM-Implementierungsplan, werden alle Bemühungen nur Stückwerk bleiben", erklärt Martin Vanek. Zweifelsohne stellt der Wandel von traditionellen Arbeitsmethoden hin zu BIM für viele Unternehmen der Bauindustrie eine Herausforderung dar. Beim Aufbau der notwendigen Expertise helfen unterschiedlichste Bildungsträger, wie beispielsweise der TÜV-Süd, in Form von strukturierten und detaillierten BIM-Schulungsangeboten. Auch Trimble bietet Kunden und Interessenten ein breites Portfolio an Weiterbildungskursen. Neben produktspezifischen Schulungen stehen auch unterschiedliche BIM-Trainings auf dem Programm. (Darüber hinaus stehen BIM-Einsteigern in der Trimble Medienbibliothek Whitepaper zur Verfügung, die unterschiedlichste Aspekte der BIM-Technologie ausführlich beleuchten.)

Generell kann man zwischen der gezielten BIM-Einführung in bestimmten Unternehmensbereichen, der BIM-konformen Abwicklung eines bestimmten Projektes und der BIM-Umstellung sämtlicher auftragsrelevanter Unternehmensprozesse unterscheiden. In allen Fällen ist es notwendig, die angewandten BIM-konformen Verfahren detailliert zu dokumentieren und ihre Nachhaltigkeit fortlaufend zu überwachen. Eine etablierte Methode dabei ist eine Zertifizierung anhand der bewährten ISO 9001-Richtlinien.    

 

Was ist die ISO 9001-Norm?

Die ISO 9001Qualitätsmanagement-Norm ist die national wie international am weitesten verbreitete Norm im Qualitätsmanagement (QM). Der Standard legt die Mindestanforderungen an ein QM-System fest, denen ein Unternehmen zu genügen hat, um Produkte und Dienstleistungen bereitstellen zu können, welche die Kundenerwartungen sowie etwaige behördliche Anforderungen erfüllen. Zugleich soll das Managementsystem einem stetigen Verbesserungsprozess unterliegen. Ein wesentlicher Grundsatz der DIN EN ISO 9001 ist der prozessorientierte Ansatz. Ein prozessorientiertes Qualitätsmanagementsystem begleitet und dokumentiert alle wesentlichen betrieblichen Prozesse und stellt diese auf den Prüfstand. Dadurch können auch bei gut funktionierenden Organisationen Optimierungsmöglichkeiten aufgedeckt werden. Es kann sowohl informativ für die Umsetzung innerhalb eines Unternehmens als auch zum Nachweis bestimmter Standards gegenüber Dritten dienen.

 

Was genau wird zertifiziert und durch Auditoren überprüft?

Unabhängige, qualifizierten Experten bewerten zum einen die Festlegungen bzw. Dokumentationen des Unternehmens, die für die systematischen Abläufe innerhalb des Qualitätsmanagements von Bedeutung sind. Im Rahmen von Audits erfolgt zudem die Überprüfung der Umsetzung dieser Regelungen in der Praxis durch Interviews beim Kunden vor Ort. Stichprobenartige Überprüfung der Abläufe anhand von Nachweisen, wie beispielsweise vorliegende Messergebnisse, Besprechungsprotokolle, Schulungs- und  Qualifizierungsbestätigungen, oder dem Umgang mit Reklamationen sind Bestandteile eines Audits.  Nachweise über festgelegte Ziele und daraus resultierenden Verbesserungsprojekte runden die Überprüfung ab.

 

Wer führt Zertifizierungen durch, und welchen Zeit- und Kostenaufwand verursachen sie?

Der Nachweis wird durch einen Zertifizierungsprozess mit anschließender Ausstellung eines zeitlich befristeten Zertifikates durch unabhängige Zertifizierungsstellen erbracht. Eine Zertifizierungsstelle ist allgemein eine Organisation, die Zertifizierungen in bestimmten Bereichen, beispielsweise Management-Systeme oder Produkt-Zertifizierungen und -Prüfungen, durchführt. In Deutschland zählen dazu u.a. diverse TÜVs, die Dekra, oder auf vertikale Industriesegmente spezialisierte Anbieter wie die Zertifizierung Bau GmbH. Bei Bestehen der Überprüfung stellen diese Organisationen ein entsprechendes Zertifikat oder eine Prüfplakette aus. Zertifizierungen nach ISO 9001 sind immer individuell und richten sich hinsichtlich des Zeit- und Kostenaufwandes nach Art und Umfang der Zertifizierung. 

 

Welche Vorteile bietet eine ISO 9001-Zertifizierung?

QM-Systeme bilden die Grundlage für ein lernendes und sich kontinuierlich verbesserndes Unternehmen. Ein konsequentes Qualitätsmanagement steigert die Wettbewerbsfähigkeit und signalisiert eine hohe Leistungsfähigkeit nicht nur auf nationaler, sondern auch auf europäischer und weltweiter Ebene. Klar definierte Verantwortlichkeiten und transparente Prozesse wirken sich gleichermaßen positiv auf die eigenen Mitarbeiter wie die Kunden eines Unternehmens aus. Neben einer gesteigerten Wirtschaftlichkeit und Rentabilität sorgen klare Abläufe für Fehlerminimierung durch Fehlerverhütung und frühzeitige Fehlererkennung, was üblicherweise eine Reduktion der Projektlaufzeiten zur Folge hat. Das unternehmerische Risiko wird überschaubarer, zudem unterstützen transparente Prozesse Unternehmen bei der Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen.


 

Gibt es Referenzen für erfolgreich durchgeführte BIM/ISO 9001-Zertifizierungen?

Unterstützt von den Partnerunternehmen Trebes Ingenieurteam und SG-Haustechnik hat das Hamburger Architekturbüro CORE Architecture BIM-Lösungen aus den Bereichen: Architektur, Statik und TGA im Rahmen einer Generalplanung ineinander greifend eingesetzt. Im Rahmen einer 2,5-jährigen Vorbereitungs- und Planungsphase entwickelten gemeinsame Arbeitsgruppen der beteiligten Unternehmen verbindliche Regularien, beispielsweise für die Definition von Prozessen oder die Übergabe von BIM-Modellen. Der dabei entstandene durchgängige und interaktive Planungsablauf wurde nach den strengen Regeln der Qualitätsmanagement-Norm ISO 9001 durchgeführt, dokumentiert und im Mai 2018 durch die Zertifizierung Bau GmbH zertifiziert.

"Wir stehen vor einem Zeitwandel. Immer mehr Auftraggeber möchten die Intelligenz, die in BIM-Planungsmodellen steckt, als Mehrwert ‒ beispielsweise für ein späteres Facility Management ‒ nutzen. Generell, so denke ich, müssen wir uns von den traditionellen "statischen" Arbeitsweisen verabschieden und "dynamische" Prozesse entwickeln, in denen alle Beteiligten interaktiv miteinander kommunizieren", ist Sven Graßnick, Geschäftsführer des Planungs- und Sachverständigenbüros SG-Haustechnik, überzeugt.


 

Gut informiert Potentiale nutzen

BIM eröffnet Architekten, Bauunternehmern, Ingenieuren und Subunternehmern die Möglichkeit enger und besser aufeinander abgestimmt zu arbeiten, als je zuvor. BIM-Lösungen bieten im Vergleich zu anderen Herangehensweisen eine höhere Kosten- und Terminsicherheit und dadurch ein besseres Risikomanagement für das Gesamtprojekt. Dadurch ist ein besseres Qualitätsmanagement innerhalb der Planung gegeben. Durch die Bündelung von Informationen und den Zugriff aller Projektbeteiligten hierauf wird die Planung bereits ab den ersten Planungsphasen effizient und eröffnet im wahrsten Sinne des Wortes neue Perspektiven. Mixed Reality Anwendungen ‒ abgebildet beispielsweise auf holografischen Computersystemen wie Microsoft HoloLens ‒ ermöglichen es, digitale und reale Darstellungen zu überlagern und deren räumliche Beziehung zueinander zu interpretieren. Der Erfolg oder Misserfolg von BIM in der Planung hängt stark davon ab, wie gut BIM-Modelle von Anfang an eingerichtet werden.

"Unser Ziel als Trimble ist es, Prozesse und Projektanforderungen zu verstehen und unsere Kunden bei der Implementierung von BIM-Prozessen effektiv zu unterstützen", erklärt Claude Chassot, Director of Operation EMEA bei Trimble MEP. Im Mittelpunkt des Angebotsportfolios steht als zentrale BIM-Plattform die Cloud-Software Trimble Connect. Die Plattform verbindet die Dateiverwaltung, den Datenzugriff, Benachrichtigungen und die Aufgabenverteilung bei der Abwicklung von Bauprojekten. Mit Trimble Connect werden die BIM-Daten des Projektteams an zentraler Stelle mit gemeinsamem Datenzugriff gelagert. Modelle werden aus beliebigen Modellierungsprogrammen in einer übergreifenden Koordinatenansicht kombiniert. Mit Trimble Nova bietet das Unternehmen Anwendern aus dem TGA-Segment eine hochfunktionale CAD/CAE-Software für die Gebäudetechnik. Die Software ist komplett unabhängig, verfügt über einen eigenen CAD-Kern und integrierte Berechnungsfunktionen. Trimble Nova´s 3D-Modellierfähigkeit unterstützt einen reibungslosen BIM-Workflow.

 

 

Einsteigern in die BIM-Technologie rät Claude Chassot, auch das Outsourcing von BIM-Dienstleistungen wie 3D-Laserscannen oder die 3D-Modulierung aus Punktewolken in Betracht zu ziehen. Mit der Unterstützung der erfahrenen Trimble-Experten können Unternehmen nach seinen Worten eigenes Fachwissen aufbauen, und so von Auftraggebern geforderte BIM-Entwicklungsstufen (Level of Development, LOD) schnell und sicher erreichen.

"Obwohl sich die Nutzung von BIM-Lösungen aktuell noch in der Anfangsphase befindet, sind Unternehmen der Baubranche gut beraten, sich schnell mit dieser Technologie vertraut zu machen. Etablierte Kompetenznachweise mit BIM arbeiten zu können ‒ und dazu zählen neben dem Besuch entsprechender BIM-Schulungen auch BIM/ISO 9001-Zertifizierungen ‒ werden bereits in Kürze zu gewichtigen Kriterien bei der Auftragsvergabe an Architekten, Statiker und TGA-Anbieter werden", prognostiziert Claude Chassot.